Am Baderbrunnen

Der Baderbrunnen
Michael Rückl, Mediendesign & Medientechnik

Am Dyleň (Tillenberg) reihen sich die Quellen am Wegesrand aneinander, an dem Weg, der auch den Grenzverlauf kennzeichnet und den unzählige Grenzer der Jahrzehnte abgeschritten sind. Granatbrunnen, Kalmreuther Brunnen, Baderbrunnen, Neumugler Brunnen, Erlbrunn … Grenzen wurden früher mit Hilfe von gut bestimmbarer Landmarken definiert; hier findet sich der Beweis. Am Baderbrunnen läuft der Grenzweg von jeher einiger Meter östlicher als der Grenzverlauf. Dort steht auch einer der farbigen Wappensteine und ehemaligen Hauptsteine für die Grenzabschnitte mit dem Böhmischen Löwen auf der tschechischen und dem Pfälzer Löwen auf der deutschen Seite.

Sehr markant ist dort das eingewachsene „Landesgrenze“-Schild. Eine Grenze, die symbolisch von der Natur überwachsen und zurückgeholt wurde, eine Grenze, die die Zeiten überdauert hat, eine Grenze, deren Ende die Natur überdauern wird. Ein Baumstammteil einer Fichte mit einem ähnlich eingewachsenem Schild findet sich sogar im Haus der bayerischen Geschichte in Regensburg.

Der Baderbrunnen liegt etwas unscheinbar nur wenig unterhalb des Weges vom Mittelpunkt Europas Richtung der Wüstung Neumugl. Der alten Quelltrichter ist noch sichtbar, das Wasser wird aber etwas mit Hilfe eines Schlauches hinaus geleitet. Nach der aktuellen Grenzziehung beginnt dort Grenzabschnitt 11. Der Baderbrunnen war 1845 das Ende der Sektion II der Grenzabschnitte beginnend am Buchbrunnen.

 

Im Neuen Tag wurde 2021 hierzu ein Artikel veröffentlicht:


16 Tonnen Granit-Grenzsteine:
Zeitgenosse Georg Joseph Heinl notiert Einzelheiten der Arbeit …:
Herausforderung selbst mit moderner Technik

Georg Joseph Heinl aus Neualbenreuth (Besitzer der Tavernwirtschaft „Zum Goldenen Hirschen“ – jetzt „Zum Wirt“), Zeitgenosse der damaligen Abmarkungsakteure der 1840er Jahre, notierte in seiner Hauschronik darüber: „1844 im Herbst wurde durch die Frais die Gränze gepflockt. 1845 im Frühjahr sind die neuen Gränzsteine gesetzt worden. 1845 den 3., 4., 5., 6. Dezember sind die neuen Gränzsteine numerirt worden vom Buchbrunn nächst Pechtnersreuth über Wies, den Süßen Fleck am Rehberg, den Bachstein bei Ullrichsgrün bis zum Baderbrunnen bei Altmugl … Es sind unter jedem Gr:Stein 3 Stük Kohlen, 3 St: Glas, 3 St: gebr: Thonthaler 1844.“ Heinl zählte dann alle Mitglieder namentlich auf: „Dabey waren k:k: österreichischer Seits 20 Personen und Königl:Bayr: Seits 21 Personen“ – vom leitenden Gubernialrat und Regierungsdirektor über Bürgermeister, Notare, Dorfvorsteher mit ihren Ortsräten, Gemeinderichter, Feldgeschworene bis zu Straßenwärtern, Finanzjägern und Forstwarten – die Geometer noch nicht mit gerechnet.

53 Hauptsteine

Der Grenzabschnitt „Buchbrunnen/Baderbrunnen“, im Staatsvertrag als Sektion II von insgesamt neun solchen Abschnitten bezeichnet, wurde gänzlich neu versteint. Von Pechtnersreuth bis Neumugl mussten also 1845 bald nach der Schneeschmelze und möglichst noch vor der einsetzenden Feldbestellung insgesamt 53 Hauptsteine und 240 Läufer zum richtigen Tag am richtigen Platz sein. Allein vom heutigen Bodener Grenzübergang hinter Neualbenreuth bis zum Baderbrunnen nächst Neumugl waren mit 16 Haupt- und 61 Läufersteinen etwa sechs Tonnen Granit zu bewältigen – selbst für die motorisierte Technik von heute vom sumpfigen „Bachstein“ (heute Grenzstein Nr. 6) über den steilen Tillenhang zum „7er“ und „8er“ und auf dem schmalen Sauweg zu den Punkten 9 und 10 eine Herausforderung.

Waren die Steine einmal an Ort und Stelle, mussten sie nach Abstand, Höhenniveau und seitlicher Fluchtabweichung zu ihren Nachbarn eingemessen, ausnivelliert, unverrückbar aufgestellt und zuletzt durchnummeriert werden. Vom Kaiserhammer nordöstlich von Regnitz-losau in Oberfranken (Anfang der Sektion I) bis zum Dreiländereck zu Österreich am Plöckenstein (Ende der Sektion IX) waren dies etwa 1900 Einzelmaßnahmen, die auf insgesamt 578 Seiten zeichnerisch maßstabgerecht festzuhalten waren und verbindlicher Bestandteil des Gesamtvertrages wurden.

Höchst bedeutungsvoll

Die beidseitig bestimmten Hofkommissäre haben die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grenzbeschreibungswerks mit ihrem Namenskürzel paraphiert. Zeitzeuge Heinl hielt das historisch höchst bedeutungsvolle Geschehen fest: „Den 25. Junij 1846 sind die böhmischen Unterth: von Neualbenreuth u: Ottengrün hier im Pfarrhof vom Hr: Kreishauptmann v. Elbogen, Freiherrn von Karg-Bebenburg ausgepflichtet und den 26. Junij als Neubaijerische in Waldsassen eingepflichtet worden.“ Alle hiesigen egerischen Bürger waren ab diesem Tag bayerisch, in Neualbenreuh waren es immerhin 57 Hausnummen.

Für sie galt im Zivilrecht allerdings weiterhin das österreichische bürgerliche Gesetzbuch. Auch sämtliche Steuern fielen dem jeweils aufnehmenden Staat zu. Die Oberhoheit Egers über Kirche und Schule in Neualbenreuth war ebenso an Bayern übergegangen wie die dazu gehörigen kirchlichen Immobilien, Stiftungen und Baulasten. Pfarrer und Lehrer wurden ab jetzt von Bayern bezahlt. Eine Ausnahme bildete „die Pastorisierung“ der böhmischen Ortschaft Neumugl von der Seelsorgestation Ottengrün aus.


Quelle: „Neuer Tag“ vom 24.02.2012

 

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