Schwammerlsuppe, Wutscherlprelln und … seit 90 Jahren Standweitsprung, Steinstoß und Baumstammweitwurf … 1930 soll das erste Ringelfelsenfest stattgefunden haben. Alle Zeitzeugen der Anfangszeiten weilen nicht mehr unter uns, die schriftlichen Quellen vor dem Zweiten Weltkrieg sind überschaubar. Vieles wurde über die Jahrzehnte mündlich überliefert und immer wieder in Erinnerung gebracht.
Wie genau das Ringelfelsenfest entstand bleibt im Dunkel. Eventuell ging es aus den sogenannten Goetzwanderungen hervor, die zu Ehren nach Ferdinand Goetz, der zweitwichtigsten Persönlichkeit der Deutschen Turnerschaft nach Turnvater Jahn, benannt wurden, seit 1921 an Christi Himmelfahrt stattfanden und auch über lange Jahre beim Turnverein Waldsassen im Terminkalender standen. 1930 jedenfalls war das Ziel dieses „Turnfahrtentages“ einmal mehr das Egerer Waldhäusl. Der übliche Weg dorthin führte am damals als Ringelstein bezeichneten Felsen vorbei. Möglicherweise entwickelten sich aus den auf dem Weg durchgeführten „Leibesübungen“ auf der damals existierenden nahegelegenen Waldwiese der Gedanke an eine unterhaltsame Veranstaltung an diesem idyllischen Platz.
Eine Hütte gab es damals noch nicht, aber mit dem aufkommenden neuen Freizeitverhalten der Arbeiterschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde wohl von Ausflüglern, ziemlich genau an der Stelle wo heute die Ringelfelsenhütte der Naturfreunde steht, eine Sitzgruppe errichtet mit einer flachen steinernen Tischplatte aus dem Schiefergestein des Felsens. Auch die immer noch existierende Feuerstelle entstand wohl zu dieser Zeit, da sie schon auf alten Aufnahmen rußgeschwärzt zu sehen ist. Auch einen Stangenverschlag mit ausgelegtem Stroh soll es an der Felsgruppe gegeben haben, der sich für notdürftige Übernachtungen eignete.
Der letzte Zeitzeuge Willi Kähs, der im Jahre 2019 verstarb, hatte als 8-jähriger wohl das erste Ringelfelsenfest miterlebt. Nach den das Fest eröffnenden Turn- und Freiübungen wurden von Anfang an der immer noch praktizierte Dreikampf durchgeführt. Aber auch das legendäre Wutscherlprelln war schon Teil der Waldsportaktivitäten. Währenddessen wurde die legendäre Ringelfelsensuppe am offenen Feuer zubereitet, die im Wesentlichen aus den auf dem Weg zum Ringelfelsen gefundenen Schwammerln bestand. Da der Verein 1930 insgesamt 304 Mitglieder aufwies, bei denen bestimmt viele sich dieses Ereignis schon damals nicht entgehen lassen wollten, kam auf den neun Kilometern sicher einiges an Kochzutaten zusammen. Über Jahre hinweg lief man frühmorgens von der steinernen Brücke aus über die Forstkapelle und Wernersreuth zum Ringelfelsen bevor später andere Fortbewegungsmittel hinzukamen und den Anmarsch in der heutigen Zeit auf die letzen zwei Kilometer verkürzte.
Vor der Siegerehrung wurde früher sogar ein Festzug durch den Wald veranstaltet, vermutlich von der nahen „Festwiese“ zum Ringelfelsen, wo dann auch die Suppe verzehrt wurde, die übrigens genauso bewertet wurde, wie die sportlichen Leistungen. „Ich schwöre das ich als Kampfrichter des Ringelfelsenwettkampfes nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beschummle oder bescheisse!“ lautet seit 90 Jahren das Versprechen der zu Beginn des unterhaltsamen Wettbewerbs vereidigten Kampfrichter.
Als sich im Jahre 1950 nach der langen Pause der Kriegswirren 60 TurnerInnen zur Neugründung trafen stellte man, nun schriftlich dokumentiert, das als „traditionell“ genannte Ringelfelsenfest sofort wieder auf die Veranstaltungsliste und führte es fast unverändert wie in den Anfangsjahren fort. In diesen Jahren entstand auch die hölzerne Hütte am Ringelfelsen. Erst ab Anfang der 70er Jahre, wurde diese, nachdem sie abgebrannt und durch ein etwas größeres gemauertes Exemplar ersetzt wurde, durch die Kooperation der beiden Waldsassener Vereine mit in den Veranstaltungsrahmen eingebunden. Seither kümmern sich die Naturfreunde am Herd um das leibliche Wohl der durch die Wettkämpfe „ausgehungerten“ Waldsportler des Turnvereins und um den gemütlichen Teil im Schatten des Ringelfelsens (Rinnlstein).
Über die Jahre hat sich nicht nur der gemeinsame Weg zum Fest verkürzt. Das offene Feuer mit der Schwammerlsuppe oder den oft dort auch gegrillten Knackwürste fiel der Sicherheit des Waldes aus brandschutztechnischen Gründen zum Opfer und auch die aus Gips oder Porzellan angefertigten Ringelfelsen-Plakette gibt es seit 1998 nach dem Ende der Porzelliner-Ärea in Waldsassen nicht mehr. Der Festzug entschwand in den vergangenen Jahren und bestimmt auch noch das eine oder andere ehemals gepflegte Detail, an das sich mittlerweile niemand mehr erinnern kann.
Mit den sportlichen und festlichen Aktivitäten des Turnvereins Waldsassen 1886 e.V. am Ringelfelsen sind einige Namen fest verbunden. Namen von Menschen, die sich über die Jahrzehnte für dessen Erhalt engagiert oder um die Organisation gekümmert haben: Karl Queitsch, Willi Kähs, Ernst Werfl, Amadeus Prockl, Michael Andörfer. Unzählige Helfer, die hier nicht alle namentlich genannt werden können, standen ihnen zur Seite. Heinz Möhwald als „Dienstältester“ tut dies noch immer. Als Karl Queitsch die Organisation 2013 in die Hände von Claudia Friedrich und Michael Andörfer übergab, nahm er diesen das Versprechen ab, diese Tradition unbedingt weiterzuführen.
Und diese Tradition ist bis jetzt erhalten geblieben: Das Ringelfelsenfest mit den volkstümlichen Wettkämpfen – Standweitsprung, Steinstoß und Baumstammweitwurf – die Stiftländer Highlandgames als immaterielles Kulturgut der Region.
Auch wenn nun heuer die angedachte, besondere Ausgabe des Festes anlässlich der 90 Jahre seines Bestehens aus gegebenen Anlass nicht stattfinden kann, soll die Tradition in den kommenden Jahren weiterhin gepflegt werden. Und das nächste Jubiläum liegt bereits ein Sichtweite: 2030 – 100 Jahre Ringelfelsenfest.