Tillen

Michael Rückl, Mediendesign & Medientechnik

Die zweithöchste Erhebung des Oberpfälzer Waldes, der Dyleň (Tillenberg), dominiert als Hausberg auf tschechischem Grund und Boden die Kulisse um Bad Neualbenreuth. Er ist auch aus der Ferne an den auffälligen Bauwerken auf dem Gipfel eindeutig zu identifizieren.  Diese Aufnahme von Turm und Nebengebäude wurde an einem heißen Sommertag mit großer Brennweite ungefähr vom Grenzlandturm aus gemacht, deshalb ist sie von der flirrenden Luft verzerrt wird.

Geographen aus der österreichisch-ungarischen Monarchie errechneten 1865 den 940 Meter hohen Tillenberg (Dyleň) in der Nähe der böhmischen Stadt Eger (Cheb) in Tschechien als den geographischen Mittelpunkt Europas und bestätigten die Messung 1873. Sie dokumentierten dies damals auf einer Kupferplatte, die sie am Gipfel mit einem Granitpfeiler anbrachten. Das 1985 auf 802m NHN direkt am Grenzweg aufgestellte Replikat ist diesem nachempfunden.

Der Tillengipfel war bis 1939 weitgehend unverbaut und seinen Gipfel zierten kleinere typische Felsformationen, wie man sie auch von andere Stelle im Bereich des Waldsassener Schiefergebirges kennt. Das 1926 erbaute Tillenhaus lag an der Nordseite etwa 120 Höhenmeter tiefer. 1939 wurde ein 30 Meter hoher Holzturm für weitere Vermessungen errichtet, der gegen 1950 abgebrannt sein soll.

Der granitene Vermessungspfeiler verschwand wohl spätestens in den 60er Jahren spurlos, als die damalige ČSSR dort wegen der strategisch günstigen Lage mit dem Bau einer militärischen Radarstation für die CVA begann. Der zuerst höhere eckige Turm wurde um eine „Antennenhalle“ ergänzt, die ihr im Volksmund den Namen „schwangere Auster“ einbrachte, da sie aus der Entfernung von deutscher Seite an eine dicke, geöffnete Muschel erinnerte. Nach mehreren Umbauten erhielt der Turm und das ihn umgebende Gebäude sein heutiges Aussehen. Er wurde in dieser Form ursprünglich weitgehend metallfrei nur aus Kunststoffen und -harzen erbaut, um für die innen angebrachten Antennen möglichst störungsfreien Empfang zu gewährleisten. Mehrere Sendeanlagen entlang des Eisernen Vorhangs waren ähnlich konstruiert.

Nach dem Ende des Kalten Krieges waren die Anlagen für die militärische Aufklärung auf dem Dyleň unwichtig geworden und wurden zurückgebaut. Das Areal wurde privatisiert. 1994 nahm das drei Jahre zuvor in Cheb (Eger) gegründete lokale „Radio Egrensis“ zuerst den Sendebetrieb vom Gipfel auf. Der Turm übernimmt seither die Aufgabe eines modernen Rundfunk- und Fernsehsenders mit einer Vielzahl an Programmen mit aktuellem DAB+ und DVB-T2-Standard. 2018 hat der Eigentümer den eigenen Sendebetrieb eingestellt. Er wird nun als eine von mehreren Sendeanlagen vom Nachfolge-Unternehmen RKS Dyleň s.r.o. aus Františkovy Lázně (Franzensbad) betrieben.

Die ehemalige Fahrzeughalle wurde frühzeitig zu einer Gaststätte umgebaut und beherbergt auch eine private CB-Funk-Station. Angeblich wegen verschiedener Auflagen konnte aber zum Leidwesen der Wanderer und Mountain-Biker nie ein regulärer gastronomischer Betrieb aufgenommen werden. Sie wird vorrangig als Wohnung für den Wachbetrieb genutzt. Das gesamte Areal ist immer noch von den alten Absperrzäunen umgeben und nur an wenigen Besichtigungstagen geöffnet. Meist ist dann auch der Turm mit der überwältigenden Aussicht und das kleine Museum in den Betriebsgebäuden zugänglich.

Auch der verbliebener Felsvorsprung an der Gipfelwestseite ermöglicht keinen freien Ausblick von der steileren Westflanke des bewaldeten Berges in Richtung Bad Neualbenreuth mehr. Er ist auch auf der Aufnahme nicht auszumachen. Aber er ist über die Wegemarkierung gekennzeichnet.
Etwas unterhalb des Gipfels bietet ein Kahlschlag noch so etwas wie Aussichtsatmosphäre.

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