Dass jedes Dorf seine kleine Kapelle hatte, war früher eine Selbstverständlichkeit. Es war für die älteren Generationen oft die einzige verbliebene Möglichkeit, ihren täglichen Andachten nachzugehen. Das Kirchdorf oder der nächste Marktflecken mit Pfarrkirche war oft zu weit weg und nicht selten ein Fußmarsch von einer Stunde und mehr entfernt. In diesen „Ersatzkirchen“ wurden regelmäßig Andachten abgehalten, manchmal heute auch noch die eine oder andere Maiandacht.
Wenn man von Schachten aus zum Ringelfelsen (Rinnstein) wandern möchte, kommt man fast unweigerlich an einem dieser Ersatzkirchlein vorbei. Eine erste Kapelle war hier bereits vor 1870 errichtet worden. Ein genaues Bau- oder Weihedatum dieses ersten vermutlichen schon gemauerten Andachtsortes ist nicht bekannt. Er enthielt ein hölzernes Bildnis des Heiligen Nepomuk. Von der Kapelle führte fast identisch mit der heutigen Kreisstraße der Kirchweg nach Bad Neualbenreuth. Die Kapelle wurde vom „Holler-Bauer“ aus Schachten gestiffet. Ein kleiner Junge aus der Familie war in den Hofbrunnen gefallen und konnte auf wunderbarerweise fast unversehrt gerettet werden. Die alte Kapelle enthielt weitere Statuen, einen Kreuzweg und war über und über angefüllt mit Heiligenbilder unterschiedlichster Größe. Wenn geheiratet wurde kamen immer neue dazu, weil im Haus meist die neuen blieben und die alten ausgelagert wurden. Ein Wegwerfen kam für diese Symbole das Glaubens selbstverständlich nicht in Frage. 1950 kam eine Muttergottes-Statue hinzu. Überliefert ist auch, dass sich früher an der Kapelle noch Totenbretter befanden. Der heutzutage regional völlig untergegangene Brauch scheint bis in das 19. Jahrhundert noch gepflegt worden zu sein.
Im Jahr 1970 wurde die Kreisstraße ausgebaut und Schachten bekam ein Ortsumgehung. Dies nahm die Schachtener Stifter- und Besitzerfamilie Weiß zum Anlass das über 100jährige und mittlerweile arg baufällige Bauwerk abzureißen und mit einem Neubau an fast gleicher Stelle aber angepasst an das neue Straßenniveau zu ersetzen. Den Innenraum schmückt seitdem eine venezianische Muttergottes, zwei Engel und ein Kreuzweg sowie ein Votivbild, die den ursprünglichen Stiftungsgrund mit der Errettung des Buben darstellt.
Mit der Neugestaltung trat die Verehrung des Heiligen Nepomuk mangels fehlendem Bildnis in der Kapelle in den Hintergrund. Dieser war aber einst maßgeblich für die Stiftung gewesen und die erste Wahl wegen des Unglücks im Hofbrunnen. Johannes von Nepomuk kam im ausgehenden 14. Jahrhundert zwischen die Fronten der Aktivitäten des abendländischen Schismas und wurde schließlich im nicht allzu fernen Prag von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt. Ertränken war im Mittelalter für Geistliche die übliche Todesstrafe.
Bei den sonntäglichen Familienausflügen suchte man früher zu Fuß oft Plätze der Andacht in der näheren Umgebung auf. Und so wusste jeder rund um Bad Neualbenreuth wohin dieser führte, wenn man sagte, dass man „zum Wasserheiling“ gehe. Ursprünglich nannte man sie deshalb auch eine „Wasserkapelle“.